Vom Neuanfang alter Enden

Ständig hab ich Liebesgedichte im Kopf; ich hab sie nicht im Herzen. Vor dem Fenster sitz ich dann, & beobachte die Häuserwand gegenüber so genau, als könne sie sich bewegen. Nichts bewegt sich. Weder um zwei, noch um fünf, erst um halb sieben geht irgendwo mal ein Licht an. Menschen sieht man dabei keine. In einer Stadt, die Theben ähnlicher ist, als sich selbst, sind Menschen nur ein Zustand. Darüber kommt man aber weg, sagen sie. Über was man hingegen nie hinwegkomme, das sei der Rauchgeruch in der Kleidung, & unter den Nägeln; der Geruch weißer Nächte, der Geruch von abgestandenem Leben am nächsten Morgen. Einem Filterkaffeeleben, das einen Rand lässt an der Tasse, bitter & kalt. Auf so was kann ich nichts erwidern. Ich glaube, keiner kann das.

Stattdessen hab ich die Nacht unter der Haut, einen künftigen Tod.
Kehrt man den Menschen zusammen, der hinter einem zusammengebrochen ist?
Ich meine: Kehrt man je heil zurück?

Keine Nachricht, keine Antwort, kein Anruf in Abwesenheit. Die Hand greift ins Haar & nach Gedanken… Ist das alles? Wie man sich aus Angst um die Gewöhnlichkeit jeden Tag selbst zum Helden erklärt, denk ich, & immer aufs Neue die Vergangenheit rettet. All dieser Nostalgieheroismus, der ja letztlich doch nirgends hinführt. Lieber flexibel, als konsequent, heißt es dann. Lieber flüchtig, als genau. Die Idee des Festhaltens ist ohnehin komplett haltlos. Verlieren könne man immer, jederzeit, alles. Also schnell die Türen hinter sich schließen, weil wenn alle Deiche brechen, könnte die Sintflut ja vielleicht doch bis ins eigene Haus kommen. & übrig lässt die bekanntlich gar nichts mehr. Auch keine Menschen.

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