Hingabe

I.
Da ist einer, der vergebens hofft,
der strahlt mit ganzem Herzen
bis alle Energie verbrannt ist
in beiden Augen;
der aschen lacht &
aschen spricht & aschen
schweigt,
& wartet,
bis die Glut sich erkältet am andren,
bis sie ausgeht vom Niesen,
bis sie schwarz wird zwischen zwei Lungen,
beim Atmen als Husten ganz hinten im Hals,
da kommt sie nach draußen,
winzig & leicht, &
bedeutet nichts mehr.

II.
Da ist einer, der staunt
über die Haare an allen zehn Fingern,
der folgt jedem Wink,
als wären es Schilder,
so geht er den Handfalten nach,
die führen zueinander wie Wege,
die gehen links, halb im Schatten,
gehen im Kreis bis sie sich treffen,
& sind in Wahrheit getrennt
& führen nirgends hin
– außer zu Gesten,
die keiner mehr kennt.

III.
Da ist einer, der entzündet die Kerzen,
der steigt auf Stühle & greift
zwischen Windgläser & weißes Papier
& greift sich das Licht bis er brennt;
der bricht zusammen wie gesprengt,
wenn’s ums Reden geht,
ums Blinzeln für zwei,
der erfindet verlegen neue Namen
für die Blumen auf allen Tischen
& vergisst sie sofort,
weil der Duft ihn betört.
Der geht leicht durch den Regen
& lacht,
& ruft nach drinnen,
bis einer ihn hört.

Ganesha

Für R.D.

Er sitzt immer
mit dem Rücken zum Licht; er
strahlt im Licht als sein Schatten,
golden: ein Denkmal aus Träumen,
& seine Finger springen
über die Tasten.
Von Klippe zu Klippe
springen sie
& werden nicht müde beim Spielen
– da am Klavier.

Die Luft strahlt
zwischen zwei Stimmen,
zwischen den Namen,
die wir uns geben,
die wir vergessen,
die klingen wie Glas auf den Zungen
& zerbrechen uns nicht.
Da ist ein Lachen,
& Weinen & Singen,
das verstehen Sie schon
– ohne Metronom ticken die Herzen.

Wir aber verlieren einander
zwischen den Lichtern,
im Goldschatten der Tage,
verlieren im Singen,
was gestern noch war,
& morgens uns wird,
& springen über die Klippen,
die Denkmäler werden
unter vier Händen,
& sind uns das Glas
am Rande der Tasten.

Wir sehen zurück
& niemals nach vorn,
sehen zwischen uns,
tönend: ein Leben aus Liedern,
die wir verschweigen im Lachen,
die uns zerspringen unter vier Händen,
die leer sind vom Schöpfen,
die sich erschöpfen an uns,
die wir allein sind
zwischen zwei Rücken
wie Stimmen,
die springen & springen,
die fallen uns nach von zwei Klippen
als Schatten
& dauern fallend uns
wie Ewigkeiten.

Candle light dinner without candles

Für R.D.

Dieser Tisch, der uns trennt,
ist wie ein ausgehobenes Grab
& keiner trauert uns nach;
wir warten stattdessen aufs Essen.

Wie hungern? Wie den Hunger kauen,
wie nicht mit leerem Mund sprechen?
& sich nicht verschlucken!
Besonders nicht am Lächeln,
das süß war wie Marzipantörtchen,
von dem bleiben zuckrige Ränder zurück an beiden Lippen
& alle wissen Bescheid
– von unseren Küssen.

Wir aber küssen uns nicht
mehr.

Uns schiebt sich das Besteck quer in den Mund,
wir senken’s in uns wie Schaufeln
& tragen mit der Zunge schwer an den Messern,
an den Gabelzinken in unseren Herzen.
Wir zerknittern nervös alle Servietten,
dazu schwenken sie Eiswürfel in zu kleinen Gläsern,
jemand trinkt aus deinem klackernden Mund
eine Liebe on the rocks.

Wir ersaufen
& stopfen uns die Leber allein,
bis uns die Galle überläuft so stopfen wir uns
& salzen mit müdem Vergessen,
salzen bitteres Denken & böses Blut,
wir salzen uns nach bis wir uns schmecken,
salzen & salzen
mit geschlossenen Lidern: die kommenden Nächte
– allein,
Salzstreuer ohne Reis,
& trinken dabei über den Durst bis wir
verdursten mit verkrusteten Zungen.

Am Ende bleibt kein Geschmack.

Du wirfst deine Wörter mir nach
in den Becher meiner hohlen Ohren wie Münzen,
als wäre es Trinkgeld für uns,
eine heroische Tat;
dir nach wirfst du dich – mir
bleiben bloß noch die Stühle zum Sitzen,
leere Stühle zum Leersitzen.
Sich ganz & gar aussitzen muss man sich,
die Beine durch den Bauch bis hoch in den Hals,
damit der Kopf ein paar Runden im Kreis gehen kann –
sind das denn wir, die da schweigen?
warum reden wir nicht?
hör mir doch zu –
aber nein, nüchtern werden wir hier nicht,
das haben wir nicht bestellt.

Der Kellner hat,
ohne das wir’s merken,
längst alle Kerzen ausgemacht.
& ich, der am Grab noch sitzt,
wie an einem Tisch,
der merkt nicht,
wie sie die Stühle wenden.