Ich bin zwischenzeitlich,
zwischenmenschlich,
ich bin zwischen allen Dingen bloß die Haut.
Ich habe von der Liebe geträumt, von dir, der du nicht du bist, sondern eine Erinnerung; ich habe von deinen Armen geträumt, & deinen Händen. Meine Träume sind wüst & schmutzig, beim Aufwachen kaue ich Sand. Ich liege jede Nacht in der Ödnis meiner Träume & sehne mich deiner. Wen hab ich verloren als ich ging. Wer blieb mir zurück?
Ich treffe einen, der verliert Sterne beim Gehen, der schwebt leicht durch den Raum, der fliegt fast, wenn der sich bewegt, steht die Zeit. Er sitzt am Fenster & raucht seine Zigaretten, er sieht nach draußen, wo die Straßen nachts leer sind & voller Lichter, & er lacht, wie der lacht, der lacht alle Sterne vom Himmel, & ich – Gott, ich sitze bloß auf dem Bett, das viel zu groß ist für einen allein, sitze im Halblicht seiner Augen, im Dunkel meiner Träume, & starre ihn an, den Artverwandten, den Franzosen, der aus dem Taumel mir ins Leben stieg, ungerufen & ungewollt ist der aus dem Karussell gesprungen & mir in die Arme, ein Träumer, der mit jedem Gedanken das Land unter seinen Füßen prägt, ein Romantiker mit schwarzen Haaren, die weiß sind & lockig, der grüne Augen hat, die braun sind, & ich – was weiß ich denn nur vom Lieben, was weiß ich von Bordeaux? Rien, rien, vergiss mich, bitte.
Le temps passé, ja. Wenn ich dich halte, dein A & dein B, dein E & dein L, wenn ich dich festhalte in meinen Wörtern & Blicken, mit beiden Armen & Händen, mit allen zehn Fingern, wenn ich dich aufhalte & hinhalte, wenn ich mich an dich halte, ein Magnet am Kühlschrank, die Zahnpasta auf der Bürste, dann bin ich ganz haltlos – glücklich, denn ich spüre dein Herz & deine Lungen, ich spüre das Blut in deinen Adern & fühle das Leben, das immer ist, & ich bin verloren & traurig, denn ich weiß, es wird ja doch die Sekunde kommen, da muss ich loslassen, muss mich loslösen, abtrennen. Muss allein sein mit mir & ohne dich, & ohne die Wahrscheinlichkeit einer Liebe, die mir Unsterblichkeit versprach.
Du hast mir in jedem Zimmer eine Schere hinterlassen für all die roten Fäden, die uns verbinden; da sind Notizen mit verblassten Rotstiftherzen, die ich zwischen die geliehenen Bücher stecke. Da ist ein Ordner auf meinem Desktop, der trägt jetzt deinen Namen.
Die Tage & Wochen – sie kreisen & fliegen, die Stunden gehn alle durcheinander. Also stoß ich mich vor & stets nach oben. Da sind keine Distanzen mehr, nur das Rauschen: Wir reißen im Flug noch aneinander. Wohin? Weiter! Da bist du & da sind die andren & da, irgendwo zwischen euch, da bin ich & weiß nichts mehr zu sagen, weiß nicht zu denken & handeln, weiß nichts zu tun außer zu warten & so warte ich, warte bis es besser wird, bis die Wunden heilen, bis dieses Herz, das vielfach zusammengeklebte, wieder schlägt; ich warte im Drehen bis ich leicht genug werde, also: schneller, ich drehe mich schneller um mich & um die andren, ich drehe mich so schnell bis ich fliege, bis ich den Boden nicht mehr spüre, ich drehe mich bis es keinen Unterschied mehr gibt zwischen dir & mir, bis die Tage verwischt sind & die Stunden ein Flirren, ich drehe durch im Sturz nach oben, drehe mich in den Himmel, drehe mich unendlich & schneller, drehe Sonne & Mond vom Himmel & jeden der Sterne, ich will den Wind im Gesicht, der knallt um die Ohren wie Schreie, denn ich kann die Stille nicht hören, sie höhlt mich mit beiden Händen, aber wenn ich mich nur schnell genug drehe, dann ist der Wind in meinen Ohren, der ist mir in den Haaren & Augen, der treibt mir die Tränen übers kalte Gesicht, also: nur nicht anhalten, nur nicht denken müssen, nur nicht erinnern, immer schneller um die Achse & hinauf, hinauf bis die Welt viel zu klein ist, um noch etwas zu erkennen, bis mir schwindelig ist & mein Herz ein Maschinengewehr unter den Rippen – ich will tanzen bis ich alles vergessen habe – mich – die Welt von gestern – dich – die Welt von morgen – uns – bis mein Körper nicht mehr kann & zerreißt. Dann hab ich’s geschafft.