Wenn du mich ansiehst, wenn du mich ansiehst, & das tust du häufig, was siehst du dann?
Ich küsse dich an der Tür, als würden wir uns so schnell nicht wiedersehen, als müssten wir getrennt bleiben für einige Wochen & Monate, als trennten uns Jahre. Dabei sind es nur wenige Stunden. & ich vermisse dich. Das ist Liebe. Ich liebe dich, ja. & ich fürchte mich. Das hat uns keiner beigebracht. Was es heißt, zu lieben, mein ich. Sie haben die Liebe beworben wie Waschmittel, als ob sie uns reinigt. Tut sie nicht. Die Liebe verfärbt die Wäsche, sie ist ein pinker Fleck im vielen Weiß, ein Weinfleck vielleicht. Da ist deine Hand in meiner Hand. Dein Lächeln.
Nein. Anders. Es ist anders. Wie? Ich sitze am Tisch, der nachts fast schwarz ist, & höre Amanda Palmer & kreise um die Bilder – da ist der Käse, der lange Fäden zieht in deinem Essen, die Mayotube neben dem Salzglas, & da bist du auf der Matratze, den Nintendo DS auf dem Schoß, fluchend, & später liege ich bei dir – dein Kopf auf meiner Brust, & dein Herz wie ein Hammer –, & wenn wir lachen, lachen wir laut & die Fenster zittern unsretwegen, & wenn du würzt, dann immer zu viel, & deine Augen sind weit & tief & manchmal siehst du mich ganz verwundert an, so, als wäre ich gerade eben noch nicht da gewesen, & – ist es das? Du. Ich. Wir halten uns fest, wir verknoten einander, wir – nein, es reicht nicht. Ich gehe wütend um die Wörter. Sie sind zu klein. Sie passen nicht mehr. Was denn noch? Meine Mutter am Telefon weiß gar nicht, was ich meine.
Dabei will ich doch erzählen können, was passiert – mit uns. Will festhalten, fixieren. Meine Hände auf deiner Haut, dein milchkaffeener Rücken: Die Hitze, die zwischen uns ist, die Kissen im Nacken. Da ist Sonnenlicht, das von links kommt, zwischen die Häusern fällt es uns ins geöffnete Fenster & gleißt, & dein schwarzes Haar, wie Sturmwolken, leuchtet kräuselnd, brennt ein Muster in deine Stirn, & meine Finger zwirbeln die Locken. Die Sonne, diebisch, nimmt uns die Schatten. Sie tunkt meinen weißen Bauch in Gold, dein verwundertes Lächeln. Wenn wir uns drehen, dreht sich die Welt. Nein. Es ist nicht genug. Weiter. Mehr: Nachts & tags & in den Stunden dazwischen – sind wir. Ewig. Die Dinge: Eine Decke, zurückgeschlagen. Eine Wasserflasche geht stumm von einer Hand zur nächsten. Die Socken, die wir uns teilen. Die Milch, die stets knapp ist. Der Slalom am Morgen. Deine Suche nach dem schwarzen Schal, dem Handy, der Brille. Von Tag zu Tag gehn wir tobend, rollen über den Boden, jagen uns durch die Küche. Ich kitzle dich bis du schreist vor Lachen, & wenn du traurig bist, halte ich dich, halte dich fest, solange es geht. In dieser Liebe, die wie ein Sturm ist, eine Naturgewalt, die alles aus den Fugen reißt, schlage ich ein wie Blitze; ich entfache alles, was ich berühre. Verbrenne alles. Dich. Mich. Uns.
Sie werden über uns schreiben, sag ich. Später. Sie werden es versuchen – mit all den Wörtern, die nicht groß genug sind für uns beide. Am Anfang, heißt es dann, waren sie wie Kinder. & später? Wie Brandstifter. Vielleicht wird es reichen.
Unsere Sprache ist begrenzt und auch ich musste schon oft feststellen, dass Worte manchmal nicht das erfassen können, was man wirklich fühlt. Nichtsdestotrotz löst dieser Text starke Gefühle bei mir aus.
Ja, die Bregenzungen sind vielleicht auch normal. Bis zu einem gewissen Grad muss man die Grenzen vermutlich auch erst erkennen, um sie zu überwinden. Ich weiß es nicht. Die starken Gefühle waren hoffentlich positiver Natur. Anyway: Danke!
Für mich ist es immer positiv, wenn geschriebene Worte bei mir Gefühlsregungen auslösen :)