Die Kugeln im Lauf

Im Regen, & die Welt tanzt im Licht, da endet es. Ein flüchtiges, kaum geträumtes Leben, das heiß brodeln wollte in der Nacht, das nach Mund & Atem schnappte, & jetzt ist es aus, denn nichts, ein Funken allenfalls, ein Versuch & eine Möglichkeit, jetzt erloschen, bleibt traurig mir zurück. Hier ist der Rand deiner Augen & eine Umarmung, die nicht hält. Niemals mehr Lippen, sagt ein Gedanke aus der Tiefe. Niemals mehr dein Mund. Wie getroffen steh ich bei der Einfahrt des Zuges, erschossen. Eine Pistole direkt auf der Brust könnte keinen größeren Schaden — aber was sag ich da, was geht auf Scherben & nennt es einen Tanz der Sterne?, was ist zu sagen, zu tun, kann denn ein Herz —

Die Leute in der U8 lachen alle, sie trinken & torkeln leicht. All die Namen, von denen du erzählt hast, sie bekommen keine Gesichter mehr, denk ich. Statt den Mund, da trifft dein Kuss nur meine Wange, & du flüsterst mir ins Ohr, was Nacht ist & ewig jetzt verschlingt – mich, dich, dieses Angebrochene, ein Schlüssel verkehrt herum im Schloss: so steh ich da, setze mir die Kopfhörer auf – dumpfe Musik: laut & grell & bloß nicht traurig jetzt -, can we just work it out?, nein, sagt ein Fremder & meint mich, das Problem, ganz sachlich, das Problem bin ich, & die Treppen nach unten sind mir zu nah, & der Boden, & die Augen der anderen, die nicht den Boden suchen so wie ich. Von Variablen sprech ich die ganze Zeit & versteh zu spät, was wir sind: ein Traum, geträumt von einem, der nicht aufhören will zu träumen, denn wir bin ich. Ein paar Tage ist’s erst her, ein Monat, wer hat das schon gezählt?, als helles Licht niederging auf dich & mich, & ich Hi sagte, als bedeute es was, & unsere Augen, die verzahnten, als bedeute es was, & unsere Münder, die nicht loslassen konnten & mein Kopf auf deiner Brust, als bedeute es was, aber ja, ja, bitte, beherrsch dich, sagen die Schienen unter dem Zug & die torkelnden Menschen, that’s part of the deal, sag ich, & verstehe gar nicht, was das heißt, was es soll, & das Herz, schau hin, wie es sich verkrampft hat, wie es nicht mehr schlagen will. Als alle um mich sind, da will ich heulen & kann es nicht. Zu Hause bin ich wie erschlagen; ich gehe betäubt durchs Zimmer, schniefe mit der Nase, in der Ahnung von Tränen, aber nichts kommt, das ist nur ein bisschen Staub. Ich hab’s doch gewusst, stammelt der Mund, wie dumm, wie dumm von mir, es tut mir leid, ich will mich permanent für alles entschuldigen, diese Zeitverschwendung, ich wollte nicht, ich konnte doch nicht ahnen, dass, the rules of the game, aber bitte, ich würde dich halten wollen, länger & viel länger als ich sollte, daher lass ich’s auch & löse mich & schiele traurig & sage Ja zum Abschied, was ein Abend alles anrichten kann, dazu sag ich mein Ja, & denke nicht daran, dass ich dich nicht mehr küssen werde, dich nicht mehr halten werde, wo es sich so angefühlt hat, als könne es für immer dauern – als bedeute es was -, & dann bin ich ganz erwachsen. Ich schreibe später kluge Nachrichten & zwinge mich zum Lächeln, & für den Moment, da kann ich mir sogar einreden, dass, da funktioniert dieses Manöver ganz wunderbar, denn sieh: nur ein paar Tage, drei Wochen oder vier, wer zählt die Kugeln schon im Lauf, wenn jeder Schuss ein Treffer ist? Ich komm schon drüber weg, keine Sorge, denn die Möglichkeit war schön, schreib ich, & mein es ernst. Ich vermisse deine Haut, deine Küsse, deine Augen, jetzt schon, ein paar Stunden später vermiss ich den ganzen Menschen & bin ganz krank. Auch dieses eine Mal nicht, denk ich dann im Bett, das jetzt leer ist, obwohl ich dachte, dass wir heute, & ich räume die Kondome vom Nachttisch & zittre, mir ist plötzlich ganz kalt & schlecht, wo wir doch beide ganz nah waren, wie dumm, der Kreis öffnet sich erneut: den ganzen Abend waren wir beisammen & dann auf den letzten Metern, hätte nicht noch eine Nacht, nein, was red ich da, natürlich nicht, keine Gefühle, kein Begehren, nur Menschen in einem Sturm, das ist Berlin. Das bist du. & ich, ich bin es auch, & fliege fort.

2 Comments

  1. ich will das nicht liken wollen und muss es doch, weil es einer deiner besten ist. es sind immer die besten, die am meisten weh tun. the good ones hurt more than the bad ones do. http://open.spotify.com/track/7x2GpTccUTBh2GLc3sDYte

    Antworten

  2. da ist so schön geschrieben,,,aus der tiefesten mitte des schmerzes…puh…

    Antworten

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s